Kommentar von Norman Wahnschaff, Mapp So lässt sich Kundenverhalten in Echtzeit vorhersagen

Von Norman Wahnschaff

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Höhere Konversionsraten sind ein wesentliches Ziel im digitalen Marketing und E-Commerce. Im Vordergrund steht hierbei die Frage, wann ein Website-Besucher zum Kunden wird – und mit welchen Maßnahmen Käufe gezielt angestoßen werden können. Retargeting ist hierbei in der Praxis nicht immer effizient, wird aber oft flächendeckend für alle Nutzer betrieben. Zugleich gehen die technischen Möglichkeiten aktueller Digital-Marketing-Plattformen oft bereits weiter: Sie ermöglichen gezieltes Retargeting auf Basis von Deep Learning.

Der Autor: Norman Wahnschaff ist Managing Director Data Science bei Mapp
Der Autor: Norman Wahnschaff ist Managing Director Data Science bei Mapp
(Bild: © Enrico Schick - www.herrschick.de)

Kundenverhalten lässt sich in der Regel aus Daten durch zurückliegende Interaktionen und Bestellungen vorhersagen. Anhand der Angabe, wie viele Nutzer in der Vergangenheit Käufe getätigt haben, werden Prognosen erstellt und die Gesamtzahl der Konversionen geschätzt. Derartige Vorhersagen haben allerdings ein Manko: Sie erlauben keinen aktiven Eingriff in die aktuelle Session des Webshop-Besuchers. Zwar können Nutzer mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit für einen Kauf selektiert werden, eine individualisierte Sofort-Ansprache durch situationsspezifische Trigger funktioniert aber nicht.

Analyse von Clickstreams für zielgenaue Prognosen

Deutlich größeren Entscheidungsspielraum für Marketer bieten prädiktive Analysen in Echtzeit, die Deep Learning mit Sequenzanalysen verknüpfen. Für dieses Verfahren ist eine ausreichend große Datenmenge sowie fundierte Expertise in Datenaufbereitung und -analyse erforderlich, weswegen es bislang nur von wenigen Technologie-Dienstleistern angeboten wird.

Grundlage des Verfahrens ist das Prinzip der Mustererkennung: Dabei wird das Verhalten aller Website-Besucher in Form von Clickstream-Daten auf wiederkehrende Abfolgen gescreent, die in den Deep-Learning-Algorithmus einfließen. Dadurch werden Vorhersagen zum Kundenverhalten jedes Nutzers während des Website-Besuchs möglich: Diese Konversionsprognosen werden in Echtzeit aktualisiert und auf Basis einer Vielzahl von Attributen wie Besuchsdauer, Seitenaufrufe, Klickgeschwindigkeit, Geräteklasse, Wert und Anzahl angeschauter Produkte ermittelt. Ein Beispiel: Nutzer mit zwei täglichen Visits und zehn Seitenaufrufen kaufen innerhalb der nächsten 30 Tage mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent ein Produkt.

Indem Aussagen zum Kundenverhalten und Kundenwert ermöglicht werden, und sich diese Informationen feingranular durch die Echtzeit-Daten anreichern lassen, können Marketer Realtime-Targeting betreiben sowie ihre Investitionen und Marketing-Ansprache bedarfs- und nutzerorientiert ausrichten. Zugleich können die Prognosemodelle einfach und effektiv an unternehmens- oder branchenspezifische Anforderungen angepasst werden. Je individueller die Datenerfassung pro Kunde ausfällt, desto besser lässt sich die Qualität der Predictions bestimmen.

Konkreter Nutzen: Aktivierung durch passende Trigger

Wie lässt sich die Methode in der Praxis umsetzen? Deep Learning liefert einen validen Entscheidungsrahmen für konkrete Marketing-Maßnahmen. Onsite lassen sich dadurch hochgradig personalisierte Kampagnen angestoßen. Berücksichtigt werden sowohl statische Attribute wie Browser oder Endgerät sowie konkrete Aktionen wie Page Views und zurückliegendes Verhalten als auch in Echtzeit ermittelte Prognosen aus der aktuellen Session.

Je nach Konversionswahrscheinlichkeit werden verschiedene Nutzer durch bestimmte Aktionen getriggert. Sinkt beim Website-Besuch die prognostizierte Chance auf einen Kauf, bekommt der Nutzer etwa ein Banner angezeigt, welches ihm einen kostenfreien Versand oder eine Beratung via Chat zur Unterstützung bei der Produktauswahl anbietet. Marketing-Aktivitäten wie rabattierte Coupons lassen sich so für den Händler deutlich kosteneffektiver durchführen, da sie innerhalb festgelegter Wahrscheinlichkeitswerte für den potenziellen Kunden planbar werden.

Anhand der errechneten Wahrscheinlichkeiten können zudem nutzerbezogene Retargeting-Listen für Google Ads erstellt werden, um Gebotsstrategien zu vereinfachen. Für Nutzer mit einer geringen Kauf-Wahrscheinlichkeit werden entsprechend niedrigere Gebote abgegeben, während Nutzer mit hoher Wahrscheinlichkeit höhere Gebote bekommen.

Fazit: Echtzeit-Targeting zahlt sich aus

Echtzeit-Prognosen aus Deep-Learning-Modellen ermöglichen ein strategischeres Vorgehen beim Retargeting. Konversionswahrscheinlichkeiten sind eine innovative Lösung, um Verhalten im Online-Shopping zu antizipieren. Das gewonnene Know-how ermöglicht es Marketern, während des Website-Besuchs gezielte Marketing-Maßnahmen in Echtzeit durchzuführen. Die aus Clickstream-Daten gewonnenen Vorhersagen dienen dazu Aktionen auf Websites anzustoßen bzw. Nutzer für Retargeting-Maßnahmen zu klassifizieren. Eine feingranulare und segmentierte Kampagnenplanung ist so bereits im Vorfeld möglich und muss nicht erst im Nachhinein definiert werden.

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Das Werbebudget kann folglich sehr viel effizienter eingesetzt werden. Zudem wirken sich akkurate Vorhersagen förderlich auf die Gewinnmargen im E-Commerce aus. Zugleich erhöht das zielgenauere Realtime-Targeting die User Experience einer Website, da die Besucher im richtigen Moment mit den passenden Botschaften versorgt werden.

Wissenschaftliche Forschung zum Beitrag:

Die Erforschung von Sequenzanalysen durch Deep Learning und ihre Eignung für das Realtime-Targeting wurde von Mapp Intelligence und dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Humboldt-Universität zu Berlin in einem gemeinsamen Experiment untersucht. Die zugehörige Studie wurde im Februar 2020 im Fachmagazin „Expert Systems with Applications“ (ESWA) veröffentlicht. Autoren sind Dennis Köhn, Stefan Lessmann und Prof. Dr. Markus Schaal.

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