Opel Ascona: Sportlich zum Erfolg in der Mittelklasse

Von sp-x

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Familienkutsche und Rallye-Star – im Opel Ascona steckte bis in die 1980er Jahren ein erstaunliches Doppelleben. Mit dem Modell konnte der Autobauer nochmals große Absatzerfolge feiern und breite Käuferschichten ansprechen. Vor 50 Jahren startete die Erfolgsgeschichte.

Der Ascona, im Bild die Karosserie-Varianten der dritten Generation ab 1981, bescherte Opel über Jahre Verkaufserfolge.
Der Ascona, im Bild die Karosserie-Varianten der dritten Generation ab 1981, bescherte Opel über Jahre Verkaufserfolge.
(Bild: Opel)

„Der Tiefstapler“ betitelte eine Opel-Kampagne vor 50 Jahren ein Modell, das irgendwie immer im Schatten anderer Opel-Produkte stand und doch große Erfolge vorzuweisen hatte: der Ascona. Wenigen ist wohl heute noch bewusst, dass sich das Mittelklasse-Modell nicht nur Plattform und Technik mit dem Manta teilte. Und die sportlich abgestimmten Vierzylinder-Limousinen und Voyage genannten Lifestyle-Kombis besetzten nicht zuletzt eine Bestsellerrolle in den Verkaufscharts der 1970er und 1980er als zeitweise meistverkauftes Mittelklassemodell auf dem deutschen Markt.

Als Zweitürer sicherte sich der Ascona sogar einen prominenten Platz in einer Hall of Fame des Rallyesports. So errang Walter Röhrl auf Ascona im Jahr 1974 die Rallye-Europameisterschaft und auf der 1975 lancierten zweiten Ascona-Generation sieben Jahre später sogar den Weltmeister-Titel. Trotz Hinterradantriebs konnte der zuverlässige Ascona damals die neuen Audi quattro deklassieren.

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In den Verkaufsräumen stand allerdings schon seit 1981 die dritte Ascona-Generation, die mit neuem Frontantrieb und praktischer Heckklappe Anschluss zum VW Passat suchte. Fast zeitgleich mit dem Abschied des Manta, der übrigens den Wechsel zum Vorderradantrieb nicht mitmachte, fiel im Jahr 1988 nach über 3,6 Millionen Einheiten dann die letzte Klappe für den Ascona. Der neue Vectra versuchte sich nun an der Vormachtstellung in der Mitte und ließ den Modellnamen Ascona ebenso schnell in Vergessenheit geraten wie seine Anfänge.

Ähnlich wie der 1969 eingeführte Ford Capri kündete das nach dem Tessiner Seebad am Lago Maggiore benannte neue Opel-Modell zu Beginn der 1970er von der Sehnsucht nach Süden und vor allem Sport. Allerdings weniger, weil in Ascona internationale Golf-Turniere und später Gäste wie die deutsche Fußball-Nationalelf für Glamour sorgten, als durch verblüffende fahrdynamische Talente. Als „neue Klasse“ kündigte Opel den Ascona selbstbewusst an und die Fachpresse prüfte umgehend, ob die Vormachtstellung der eigentlichen „Neuen Klasse“, also der schnellen BMW 1600-2002, durch die in Bochum gebauten Blitzträger bedroht war.

Immerhin konnte der agile Ascona in der Disziplin Kurventanz dank neutraler Fahrwerksabstimmung in Vergleichstests Pluspunkte sammeln, aber am Image der 02-BMW kratzte der geräumige Fünfsitzer nicht. Das änderten auch Werbeslogans nicht, die besonders junge Familienväter ins Herz trafen, wie „Ascona SR – der männliche Typ“, „Ascona … kaufen, weil er Rallyes gewinnt“ oder „Kein Wunder, dass der Ascona unter den Rallye-Fahrern so viele Freunde hat“.

Sportlichkeit: Vor 50 Jahren ein Opel-Verkaufsargument

Tatsächlich war Opel um 1970 eine sportliche Macht, die das langjährige „Hosenträger- und Männer-mit-Hut“-Image schneller abgelegt hatte als der ewige Konkurrent aus Köln, der erst mit dem Ford Capri einen Pulsbeschleuniger platzieren konnte. Dagegen hatten Opel Commodore GS, Rekord Sprint oder Rallye-Kadett und vor allem der Klappscheinwerfer-GT die deutsche Tochter des amerikanischen GM-Konzerns schon früher mit sportiver Anziehungskraft aufgeladen, von der dann auch das Duo Manta und Ascona profitierte.

Heute kaum mehr vorstellbar, aber Anfang der 1970er Jahre machten Ascona und Manta die Marke Opel fit, Volkswagen in den deutschen Zulassungscharts zu überholen. Im ersten vollen Verkaufsjahr musste sich der in zurückhaltender Eleganz und in zierlichem Format auftretende Ascona noch dem ebenfalls neuen, barock-opulent designten Ford Taunus geschlagen geben. Aber 1972 verlor der an Qualitätsdefiziten leidende Taunus an Anziehungskraft und Opel spurtete als größter Hersteller an die Spitze der deutschen Verkaufsstatistik, wo VW über die schwächelnden Käfer stolperte.

Ein völlig neues Nischenprodukt wie weiland BMWs „Neue Klasse“ war der Opel Ascona übrigens doch nicht, denn die Rüsselsheimer hatten schon 1967 den Olympia kreiert und in die Lücke zwischen Kadett und Rekord platziert. Allerdings war der Olympia nicht mehr als ein fein ausstaffierter Kadett B, so dass er am Markt nie wirklich große Akzeptanz fand. Besser machen sollte es die seit 1966 entwickelte Nachfolge-Generation unter dem geheimen Projektcode 1450. Als aber der Opel-Vorstand Kenntnis bekam von einem neuen Doppel aus Köln, den Typen Capri und Taunus, setzte Rüsselsheim das Projekt 1450 zurück auf Anfang: Es war die Geburtsstunde der eigenständigen Modelle Ascona und Manta. Wie nah der Ascona am Kadett B geblieben ist, erzählen seine Abmessungen: Mit 4,12 Meter Länge und 2,43 Meter Radstand differenziert sich die Mittelklasse mit Blitz nur um etwa einen Zentimeter vom Kompakt-Modell, dessen Generationenwechsel auf Ende 1973 vertagt wurde.

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Erfolg mit vielen Motoren- und Bauvarianten

Der Ascona machte alles richtig: Vom braven Bürgermeister mit knausrigen 44 kW/60 PS aus 1,2-Liter – die allerdings während der Ölkrise von 1973/74 den Absatz vorm Absturz bewahrten – bis zum athletischen Familiensportler mit dem gleichen 1,9-Liter-Aggregat mit 66 kW/90 PS wie der Opel GT bewies der Ascona eine Bandbreite, die den meisten Mittelfeld-Spielern fehlte. Ob neue Typen wie Renault 12, Peugeot 304 und Austin Maxi oder bewährte Player wie der VW 1600, ein Programm für fast alle Ansprüche wie es Ascona – und Ford Taunus – einführten, überraschte und überzeugte die Käufer. Er sei halt ein „Torschützenkönig“ für jede Spielsituation, jubelte die Opel-Werbung. Sogar als Vorboten späterer Lifestyle-Kombis gab es den Ascona Voyage: Ausschließlich zweitürig mit großer Heckklappe und zeitgeistigen Luxusattributen wie Holzdekorfolie auf den Karosserieflanken und Vinyldach, aber ohne Anspruch auf den Titel eines Lademeisters.

In Nordamerika, wo der Ascona bei Buick-Händlern im Showroom stand, kam dieser Lifestyle-Laster gut an. Hierzulande aber wagte der Opel Voyage noch zu viel Avantgarde, ähnlich wie der BMW 02 Touring verschwand er beim ersten Modellwechsel in der Asservatenkammer. Anders die wilden Rallye-Versionen des Ascona, denn sie luden den Biedermann mit Brandstifterimage auf und das auch noch nach dem 1975 erfolgten Generationenwechsel. Viele große Namen der Motorsportszene ernteten mit dem robusten Ascona Lorbeeren, vor allem aber war es Walter Röhrl, der auf Ascona Rallye-Siege in Serie sammelte. Hinzu kam das Europachampionat und 1982 auf dem konventionell angetriebenen Ascona (B) 400 die Krone des Rallye-Fahrerweltmeisters. Immerhin überließ Röhrl dem allgemein favorisierten Allradstar Audi quattro den Markentitel.

Opel hatte in den 1970ern das richtige Gespür für Kundenwünsche und traf auch mit dem Ascona B den Zeitgeist. Während der VW Passat längst auf Frontantrieb und Fließheck mit großer Klappe sowie Kombi setzte, avancierte der Ascona noch einmal mit konservativem Stufenheck und Hinterradantrieb zu einem europäischen Mittelklasse-Champion und zum auf vier Kontinenten gebauten Weltauto. Am besten machte es aber der 1981 aufgelegte dritte und letzte Ascona, der nun doch mit Vorderradantrieb und auch als Fünftürer verfügbar war und damit die Stückzahlen seines sportlichen Ur-Ahnen mehr als verdoppelte. Eine schöne Vorlage für den folgenden Opel Vectra.

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