Porsche: Targa ohne Florio

Von Steffen Dominsky

Anbieter zum Thema

Vor 55 Jahren präsentierten die Zuffenhausener ein Konzept, das quasi die Quadratur des Kreises darstellte: Einerseits ermöglichte es eine neuartige Karosserieform für luftiges Offenfahren à la Cabrio, andererseits bot es die Sicherheit einer Limousine.

Auf den Hund gekommen: Mit dem Targa-Konzept schuf Porsche ein sichere Alternative zum klassischen Cabrio.
Auf den Hund gekommen: Mit dem Targa-Konzept schuf Porsche ein sichere Alternative zum klassischen Cabrio.
(Bild: Porsche AG)

Im September 1965 stellt Porsche auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt den 911 Targa vor. Das Fahrzeug ist weder Cabriolet noch Coupé, weder Hardtop noch Limousine. Es ist etwas völlig Neues, es ist „Targa“: das erste Sicherheitscabriolet der Welt mit feststehendem Sicherheits- beziehungsweise Überrollbügel. Ein herausnehmbares Faltdach und eine herunterklappbare Kunststoffheckscheibe ermöglichen das automobile Frischluftvergnügen in einer Vielfalt, wie es bei offenen Fahrzeugen bislang nicht anzutreffen ist und für einige Zeit auch sein soll: komplett geschlossen, völlig offen oder jeweils nur mit herausgenommenem Dachmittelstück oder heruntergeklappter Heckscheibe. Das Targa-Konzept ist der Startschuss für ein neues Porsche-Fahrgefühl und begleitet fortan nicht nur alle Elfer-Generationen, sondern später auch weitere Fahrzeuge wie den 914 oder den Carrera GT.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 13 Bildern

Porsche reagiert mit dem neuen Konzept auf gestiegene Sicherheitsbedürfnisse bei offenen Fahrzeugen auf dem amerikanischen Markt und tritt Stimmen entgegen, die Cabriolets in den USA ganz verbieten wollen. Bei der Suche nach einer Modellbezeichnung wird nach Rennstrecken gesucht, auf denen Porsche besonders erfolgreich ist. Rasch rückt die „Targa Florio“ ins Zentrum der Überlegungen – das Straßenrennen auf Sizilien, bei dem Porsche seit Mitte der Fünfzigerjahren große Motorsport-Erfolge feiert. Kurzfristig steht „911 Flori“ im Raum, bis Inland-Verkaufsleiter Harald Wagner die Suche eher beiläufig mit der Frage entscheidet: „Warum sagen wir eigentlich nicht nur Targa?“ Dass der italienische Begriff auch noch „Schild“ bedeutet, fällt – so sagt es die Legende – erst den Textern des Verkaufsprospekts auf. Im August 1965 meldet Porsche das Targa-Konzept zum Patent an, und ab Herbst 1966 ergänzt der Targa beim 911, 911 S und 912 das bisherige Coupé und stößt auf großen Anklang. Von Spätsommer 1967 an können die Targa-Modelle auf Wunsch auch mit einer fest eingebauten, beheizbaren Heckscheibe aus Sicherheitsglas anstelle der herunterklappbaren Kunststoffheckscheibe geordert werden. Eine Lösung, die bereits im Jahr darauf zur Serienausstattung wird und den Targa bis zum Jahr 1993 praktisch unverändert begleitet.

Targa-Vielfalt bei den Modellen der G-Serie

Auch bei der zweiten Generation des 911, den von Spätsommer 1973 an gebauten Modellen der G-Serie, bleibt der Targa ein fester Bestandteil des Lieferprogramms. Erstmals ist die Karosserie des 911 nachhaltig modifiziert worden und verfügt nun, einer neuen Gesetzgebung in den USA entsprechend, über neue, kastenförmige Stoßfänger mit schwarzen Faltenbälgen an der Seite. Sie sind in der Lage, Stöße bis zu einer Geschwindigkeit von 8 km/h ohne Beschädigungen an der Karosserie aufzunehmen. An der technischen Konzeption des Targa-Dachs ändert sich nichts, wohl aber am optischen Erscheinungsbild, denn den vormals in langlebigem, gebürstetem Edelstahl gehaltenen Targa-Bügel gibt es nun auch in Schwarz. Auch als im Januar 1983 mit dem 911 SC Cabriolet erstmals wieder ein vollständig offen zu fahrender Porsche im Programm ist, bleibt der Targa weiterhin eine feste Größe – auch über das Ende der Produktionszeit der G-Serie im Jahr 1989 hinaus.

Bereits im Herbst 1988 stellt Porsche mit dem 911 Carrera 4 Typ 964 den ersten allradgetriebenen 911 vor und damit die dritte Generation der Sportwagen-Ikone aus Zuffenhausen. Porsche hält an der klassischen Karosserieform des 911 fest, doch darunter sind rund 85 Prozent aller Teile neu. Bereits im Jahr darauf steht mit dem 911 Carrera 2 nicht nur eine Variante mit klassischem Heckantrieb zur Verfügung. Es sind nun auch alle drei Karosserievarianten verfügbar: Coupé, Cabriolet und Targa. Nach wie vor verfügen der bis 1993 gebaute 911 Carrera 2 Targa und 911 Carrera 4 Targa über den klassischen Targa-Bügel und das herausnehmbare Dachmittelstück. Innerhalb der ersten drei 911-Generationen werden 87.663 Targa-Modelle gebaut.

Die Abkehr vom Targa-Bügel – Glasdach beim 993

Mit der Einführung der vierten Generation des 911 Typ 993 gehen im Herbst 1993 ein neues Karosseriedesign und von November 1995 an auch ein neues Targa-Konzept einher. Erstmals beim 911 sind die vorderen Kotflügel breiter und verlaufen deutlich flacher. Auch die hinteren Kotflügel sind breiter geformt und ziehen sich geradliniger zum Heck. Neben einer umfassenden Weiterentwicklung von Motor und Fahrwerk setzt die Generation 993 das Thema Targa in einer völlig neuen Weise und ohne den Targa-Bügel um. Innerhalb einer jetzt längs verlaufenden Sicherheitsstruktur befindet sich ein Dach aus getöntem Wärmeschutzglas, das vom vorderen Scheibenrahmen bis zum Heckteil reicht. Aufgeteilt in elektrisch bewegliche Segmente öffnet es auf Knopfdruck stufenlos und zieht sich wie ein überbreites Schiebedach hinter die Heckscheibe zurück. Reduzierte Windgeräusche in geschlossenem Zustand bei dennoch sonnendurchflutetem Innenraum sind wesentliche Vorteile der neuen Lösung. Weiterhin charakteristisch für diesen Targa: die spitz zulaufenden Heckfenster. Das neue Targa-Konzept der Baureihe 993 verbindet erstmals offenen Fahrgenuss mit dem 911, ohne die klassische Dachlinie des Coupés zu verändern.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Mit dem 911 Carrera Typ 996 präsentiert Porsche 1997 die fünfte Generation des 911, die völlig neu konstruiert ist und erstmals auf wassergekühlte Sechszylinder-Boxermotoren setzt. Von Dezember 2001 an steht neben Coupé und Cabriolet auch der Targa zur Verfügung. Wie der Vorgänger besitzt der 911 Targa ein elektrisch betätigtes Glasdach, jetzt mit einer Fläche von mehr als 1,5 Quadratmetern. Mehr Glasfläche hat es bei einem Porsche 911 bisher nicht gegeben. Als erster Elfer bietet der neue Targa zudem eine Heckscheibe zum Aufklappen. Die Fond-Gepäckablage mit bis zu 230 Liter Stauvolumen erhält damit einen bequemen Zugang, um Koffer, Taschen oder anderes Reisegepäck einladen zu können.

Typ 997: Erstmals zwei Varianten

Im September 2006 folgt der 911 Targa der mittlerweile sechsten Elfer-Generation Typ 997. Prinzipiell übernimmt er die Konstruktion des Targa-Dachs mit zusätzlicher praktischer Heckklappe vom Vorgänger. Der Einsatz von Spezialglas ermöglicht jedoch eine Gewichtsreduzierung um 1,9 Kilogramm, und als besonderer Blickfang dienen zwei hochglanzpolierte Aluminiumleisten an den seitlichen Dachkanten. Außerdem gibt es den 911 Targa jetzt nur in den zwei allradangetriebenen Varianten – als 911 Targa 4 und 911 Targa 4S.

Im September 2011 stellt Porsche die siebte und komplett neu konstruierte Generation des 911 vor. Auf die Karosserievarianten Coupé und Cabriolet folgt im Januar 2014 der 911 Targa. Erstmals gelingt es, die klassische Targa-Idee mit modernstem Dachkomfort zu verbinden. Wie der legendäre Ur-Targa besitzt das neue Modell den charakteristischen breiten Bügel anstelle der B-Säulen, ein bewegliches Dachteil über den Vordersitzen und eine umlaufende Heckscheibe ohne C-Säule. Anders als bei den Klassikern wird beim neuen Targa das Dachsegment jedoch auf Knopfdruck geöffnet und geschlossen. Dabei lässt das vollautomatische Dachsystem das Verdeckelement auf spektakuläre Weise hinter der Fondsitzanlage verschwinden.

(ID:46629144)