Vischer & Bolli: Innovativer Spannrahmen Vertikal spannen halbiert Durchlaufzeit

Redakteur: Konrad Mücke

Der Walzwerkhersteller Kocks Manufacturing in Bremen hat ein bewährtes Bohrwerk zum automatisierten Fertigen nachgerüstet. Wesentliche Komponente dafür ist ein von Vischer & Bolli konstruierter, vertikal aufgebauter Spannrahmen, der ein Bearbeiten von zwei Seiten ermöglicht.

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Bis zu 2000 kg schwere Gehäuse nimmt der knapp 30000 kg schwere Spannrahmen zum Bearbeiten auf einem Bohrwerk auf.
Bis zu 2000 kg schwere Gehäuse nimmt der knapp 30000 kg schwere Spannrahmen zum Bearbeiten auf einem Bohrwerk auf.
(Bild: Vischer+Bolli)

Im Rahmen des Projekts KM 2020 sollte beim Walzwerkhersteller Kocks Manufacturing in Bremen unter anderem ein bewährtes Bohrwerk für eine bedienerlose Fertigung aufgerüstet werden. Mit der Automatisierung wollte man ausreichend produktiv und wirtschaftlich arbeiten, um ehemals an Unterlieferanten beauftragte Fertigungsschritte wieder in der eigenen Produktionsstätte auszuführen. Man wollte von der einhergehenden Wertschöpfung profitieren.

Ungewöhnliches Spannkonzept

Betriebsleiter Carsten Aeilts hatte auf einer Hausmesse in Hamburg eine Spannmittel-Lösung von Vischer & Bolli auf einem Bohrwerk gesehen. Diese schien ihm geeignet, die Bearbeitung auf seinem Bohrwerk zu automatisieren. Verglichen mit klassischen Spannmethoden wurden die Werkstücke in einer völlig anderen Lage und Position gespannt. Nach Gesprächen mit Norbert Schein von Vischer & Bolli verwirklichten die Spezialisten vom Spanntechnikhersteller zusammen mit den Fertigungstechnikern in Bremen einen speziellen Spannrahmen. Ein ähnliches Spannkonzept hatten sie bereits bei einem Fertigungsunternehmen in Süddeutschland realisiert.

Konkret geht es dabei um einen vertikal aufgebauten Spannrahmen. Auf ihm werden die Werkstücke nicht wie üblich liegend auf einem Maschinentisch, sondern hochkant fixiert. Dieses zunächst vermeintlich banale Spannkonzept sorgt für deutliche Vorteile hinsichtlich der Rüstzeiten und -kosten. Die vertikal ausgerichteten Werkstücke können in einer Aufspannung an zwei Seiten bearbeitet werden. Bei ersten Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit nahmen die Verantwortlichen in Bremen an, dass man mit diesem Konzept drei Stunden mannlos, beispielsweise in der Nachtschicht, fertigen kann. Deshalb investierte das Unternehmen im Jahr 2019 in Nullpunkt-Spannsysteme und diesen Spannrahmen.

Stabil spannen, genauer bearbeiten

Norbert Schein, Vertriebsingenieur bei Vischer & Bolli, erläutert die Bearbeitungsbedingungen: «Allein der Spannrahmen ist etwa 3000 kg schwer. Darin werden die bis zu 2000 kg schweren Rahmen und Gehäuse für Walzgerüste gespannt. Solch schwere Werkstücke mit diesen Abmessungen würde man in der Praxis, auch aufgrund der Bearbeitungskräfte, normalerweise nie hochkant bearbeiten. Die Werkstücke aber liegend zu bearbeiten hat einerseits den Nachteil, dass sich das Werkstück beim Spannen verzieht. Andererseits muss das Werkstück zum Bearbeiten an der gegenüberliegende Seite wieder neu ausgerichtet werden.» Die Werkstücke hochkant zu spannen hat also den Vorteil, dass sich in einer Aufspannung beide Seiten bearbeiten lassen. Dazu muss sie der Spannrahmen allerdings ausreichend stabil aufnehmen. Gehalten werden die Werkstücke mit speziell ausgebildeten Spannspitzen, die aufgrund eines definierten Spanndrucks an ihren umgebenden Flächen zur Plananlage kommen. So entsteht ein Formschluss und ein Spanndruck auf einer entsprechend grossen Fläche. Gefräst werden die Walzwerksrahmen mit Messerköpfen von 160 mm und 200 mm Durchmesser bei 40 kW Antriebsleistung an der Maschinenspindel. Diese hohen Belastungen erfordern eine steife und stabile Konstruktion des Spannrahmens. Carsten Aeilts ist überzeugt, dass die Spezialisten von Vischer & Bolli diesen entsprechend berechnet und ausgelegt haben. «Wir haben Vischer & Bolli unter anderem die Tischabmessungen und die Maschinendaten zur Verfügung gestellt. Den Spannrahmen dann entsprechend den Vorschubkräften, auch in einer Höhe von zwei Metern, richtig auszulegen, ist Know-how und Engineering. Das hat uns kein anderer Spannmittelhersteller so angeboten», erläutert er.

Flexibel und wirtschaftlich

Das innovative Spannkonzept mit vertikalem Spannrahmen hat zahlreiche wirtschaftliche Vorteile. So haben sich die Rüstzeiten nahezu halbiert. Wegen der vertikalen Bearbeitung entfällt eine zweite Aufspannung. Zudem konnten die Bearbeitungszeiten pro Werkstück um bis zu fünf Stunden verkürzt werden. Zusätzlich trägt eine definierte mannlose Schicht in der Nacht dazu bei, profitabel zu fertigen. Insgesamt kann der Walzwerkhersteller bis zu 70 Prozent mehr Maschinenstunden nutzen. Zudem hat er die Gesamtdurchlaufzeiten halbiert. Diese Produktivitätssteigerung haben die Fertigungstechniker in Bremen durch eine kontinuierliche Optimierung erreicht. Daraus resultiert, dass man die Rahmen und Gehäuse frühzeitig zum Entgraten und Lackieren zur Verfügung stellen kann.

Weiter optimieren

Trotz dieser Verbesserungen und der verwirklichten Flexibilität ist Carsten Aeilts noch nicht zufrieden. Er optimiert fortlaufend weiter. Dazu sagt er: «Unser Ziel ist, die Bearbeitungszeit bei unseren Gerüstgehäusen um 35 Prozent zu verkürzen. Deshalb sprechen wir mit einem entsprechenden Werkzeughersteller, der uns bereits sehr effizient unterstützt hat.» Beim Fräsen eines dreieckigen Kerns im Gehäuse haben sich dessen Werkzeuge bestens bewährt. Ehemals eingesetzte Hochvorschub-Fräser hat man durch Eck-Messerköpfe zum Tauchfräsen ersetzt. Das hat die Kosten für Werkzeuge deutlich verringert. Diese Bearbeitung belastet den Spannrahmen zusätzlich. Er hat sich aber auch dabei bestens bewährt. Er widersteht problemlos den Belastungen und den eingebrachten Schwingungen. - kmu - SMM

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